Pressestimmen

 
 

 

 

   
 

Aus Medien gespeist


Oberbayerisches Volksblatt 2007

Als kompromisslos und vital, als hautnahe Malerei bezeichnete der Verein «Kunst und Kultur zu Hohenaschau» die Kunst des Münchner Malers Bernhard Springer, der nun erstmals in einer Einzelausstellung in den Galerie-Räumen an der Aschauer
Festhalle zu sehen ist. Seine farbintensiven Arbeiten kennt das Aschauer Publikum bereits aus der Weihnachtsausstellung von 2005. Unter dem Titel «Translator X» zeigt der Verein den Realisten noch bis 29. April. Vielseitig ist die Arbeitsweise Springers, der seit 1980 als freischaffender Künstler tätig ist. Neben der Malerei beschäftigt er sich mit Film, Video und Skulptur. Und ebenso vielseitig gestaltet sich die Technik in seinem malerischen Werk. Nichts scheint ihm dabei unmöglich: da wird in fotografischer Manier die Auflösung des Motivs soweit betrieben, dass sich der Betrachter im ersten Moment vor einem nahezu abstrakten Bild wiederfindet. Entfernt man sich jedoch mehrere Schritte weit weg, setzt sich aus den eng gesetzten Farbfeldern ein malerisches Ganzes zusammen, das den faszinierenden Wechsel von Abstraktion und Realismus betreibt. Arbeiten wie «Prügelei» oder «Tumult» zeugen von den stark auflösenden Tendenzen dieser Malerei.

Souverän setzt Springer seine Motive malerisch um. Ob gesprayte Graffiti, Airbrush-Effekte, pastose Aufträge - er beherrscht das gesamte Repertoire. Bei vielen Arbeiten wählt er die Wellpappe als Malgrund. Die Wirkung ist irisierend, das Spiel mit optischen Irreführungen scheint sich wie ein roter Faden durch das Werk des in den Medien vielseitig tätigen Künstlers zu ziehen. Aber auch seine Motive fokussiert der Maler wie mit einer Kamera und setzt die Szene in einem farbigen Manifest um.

Springer fixiert das Vokabular seiner Bildsprache, wozu Szenen aus Film, Werbung und dem Zeitungsmedium gehören. Immer wieder isoliert er Details, Versatzstücke der Wirklichkeit, um sie in mit dem Pinsel oder dem Sprühlack zu präsenten Übergrößen auszumalen.

Seine Bilder erzählen von zerbrechlichen Beziehungen, vom Zwischenmenschlichen, das in unterschiedlicher Intensität auf den Betrachter wirkt. «Chill Out», «Biss» oder «Umarmung» sind nur einige Beispiele für eine Psychologie zwischen den Figuren, die den Erzähler verraten.

Sehen lernen, erkennen, was hinter den Dingen verborgen ist, und genau das sichtbar machen, scheint die Intension Springers immer wieder zu sein. Nicht ohne Hintergedanken stellt er in einer Serie den Dolmetscher als die zentrale Figur in den Vordergrund, richtet den Fokus auf die vermeintliche Randfigur. Die politischen Protagonisten wie Kohl, Genscher und Strauß treten dagegen nicht nur inhaltlich ins Abseits.

Bernhard Springer reflektiert die Wirklichkeit der Medien, denen er sich in seiner malerischen Vielseitigkeit entgegenstellt und sie in einer perfekten Inszenierung wiedergibt.

(Eva Mayer, in OVB, 13.04.2007)

 

 

 

 

 

 

 


Bernhard Springer: «Hocki Orange», Acrylfarben und Sprühlack auf Aquarellpapier/Leinwand. Repro: Berger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Narrativer Neuzeit-Pop


Pressewoche März 2007

Der Münchner Maler Bernhard Springer kommt mit TRANSLATOR X nach Aschau im Chiemgau und bringt unter diesem Titel einige Bilderserien mit - Maskiertes, Lustvolles, Magisches.

Das muss alles raus. Farbe. Bewegung. Gestaltung. Der Kopf saust, er quillt schier über. Wo ist die Leinwand, die Wellpappe, die Sprühdose, das Acryl? Ah, Erleichterung, fertig ist das Bild, quirlig, bewegt, zwar gebannt auf einer Fläche, aber irgendwie verselbstständigt sich das Motiv und nimmt den Betrachter mit auf eine Reise, die den Bilderrahmen weit hinter sich läßt. Bernhard Springer ist der 3D-Erzähler unter den Malern. Der promovierte Filmphilologe hat sich lang in der Video- und TV-Producer-Szene aufgehalten, Wim Wenders Bilderreigen auf visuelle Strukturen untersucht*, mit seiner Dissertation ein Analysemodell narrativer Strukturen im Film bereitgestellt und an Filmen wie Suck my dick, Nichts als die Wahrheit und 14 Tage lebenslänglich mitgewirkt, mal als Produzent, mal als Dramaturg oder als Scriptconsultor. Bei "Heinz Rühmann - kleiner Mann ganz groß" führte er 1994 selbst Regie, so wie zehn Jahre später wieder in seinem Dokumentarfilm "Deutsch oder Polnisch". Über Rühmann hat er gemeinsam mit Matthias Peipp auch ein Buch herausgebracht. Darin dessen letztes Interview von 1993 im vollen Wortlaut, dazu Aussagen von August Everding, Liselotte Pulver, Arthur Brauner, Gyula Trebitsch und anderen, dazu Bilder zum Thema Heinz Rühmann und die Frauen.
Mittlerweise hat er sich "ganz puritanisch" auf die Malerei zurückbesinnt. "Als MTV kam, habe ich aufgehört mit der Videokunst". Auch die Fotografie, die in den 90ern des letzten Jahrhunderts einen Hype erlebte, hat der Münchner Independent-Künstler mit besonderem Faible für (Plastic-)Indianer und Archaisches im Allgemeinen gelassen an sich vorbeiziehen lassen. Er hat sich dann mit etwas beschäftigt, wenn er danach sann. Der freischaffende Künstler hat sich mit anderen in immer wieder wechselnden Formationen zusammen getan, wenn sich's ergab, nicht, wenn's in war. Mit Wolfgang Diller, Detlef Seidensticker und einigen anderen subkulturellen Freidenkern gründete er in den 80ern Frisch gestrichen, später Neue Heimat und nun Ex-Neue Heimat. Immer wieder finden sich die Künstler, um gemeinsam eine Ausstellung auf die Beine zu stellen. Demnächst geht es um Schauplätze. Springer arbeitet gerade daran und stellt sich vor, wie er viel Historie in wenige Bilder gießen kann. Der tote Barschel in der Badewanne, nur ohne Barschel. Oder Vietnam: Der Polizeichef von Hanoi, der einen Vietkong erschießt, ohne Vietkong. So in etwa hat er das im Kopf.
Mit Translator X zeigt er in Aschau eine Bilderserie aus dem Jahr 2006. Ein russischer Übersetzer hat es ihm angetan, der über 20 Jahre immer mit im Bild war, wenn sich die politischen Weltgrößen trafen. Die Größen wechselten, der Translator blieb. Name unbekannt, also X. "Die Spielerei mit der Frage, wer nun der Held ist, ist die Konzeptidee, die dabei im Vordergrund steht, nun ja, sie ist eher als Gag zu verstehen, der Focus ist ja bewusst ganz klar auf den Übersetzer gerichtet." Da bleiben keine Fragen offen. Mehr Raum zur Eigeninterpretation bieten seine Maskenmenschen, die ebenfalls in Aschau zu sehen sind. Mit Aborigines vermittelt er diesmal seinen archaischen Zugang und kombiniert symbolische Zeichen mit einer Abbildung der Wirklichkeit. Seine Malweise: "Ich hab' das so im poppigen Stil gemalt." Sein Text. Andere haben über den Freund des Bild-Narrativen so gesprochen: Pure Farbexplosionen - heftiger Realismus - Bilder voller Leben - quietschvergnügt und quicklebendig.

*Repertoire. Die Elemente von Wenders' Bilder-Arbeit, in: Wim Wenders und seine Filme, München, Heyne 1990, S.219-235

Ausstellungsinfos: TRANSLATOR X - die Gesamtschau - das sind Abbilder von Abbildern der Wirklichkeit, zum einen tiefgründige Suche nach dem, was sie verbergen, zum anderen lustvolle „Schönfärberei“.
Bestandteile der Schau: GHOSTS OF THE CIVIL DEAD, Acrylbilder a. Lw. 2006, TRANSLATOR X, Acrylbilder a. Lw. 2006, KISS THE SKY, Acrylbilder a. Wellpappe 2002-2006, FRIENDLY FIRE, Acrylbilder a. Lw. 2002-2006.

(Regina Semmler, in: furorum der Pressewoche, 18.03.2007)

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Foto:
Bild auf Startseite: PURPLE HAZE, 2006, 100 x 140 Bild im Artikel: TREKKER FAHN, 110 x 120
beide: Acryl + Sprühlack auf Leinwand

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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TRANSLATOR X


Kunstverein KUNST UND KULTUR ZU HOHENASCHAU 2007

Guten Abend, meine Damen und Herren,

um dies gleich vorweg zu nehmen - ich oute mich hiermit als bekennender Bernhard Springer-Fan. Ich war sofort fasziniert, als ich seine Arbeiten in jener denkwürdigen Domagk-Sammelausstellung sah, die ich nach wie vor zu den erhellendsten und zukunftsperspektivereichsten in der Geschichte dieser Galerie hier zähle. Ich war glücklich, als wir ihn dann letzten Sommer bei "KunstVereinT" in Hartmannsberg mit von der Partie hatten. Und ich fand meine Begeisterung erneut und voll bestätigt, als ich vorgestern hier durch die Räume ging. So schlüssig und stringent und überzeugend entfaltet nicht jeder Künstler sein Oeuvre.

Ansonsten allerdings, muß ich bekennen, wußte ich nicht viel von ihm. Außer, dass er ein ausgesprochen netter Kerl und ein außerordentlich intelligenter, reflektierter Zeitgenosse ist. Und einer, der gleichsam getrieben wird, mit all dem fertigzuwerden, was er sich im Leben vorgenommen hat. Das aber war's zunächst mit meiner Kenntnis. Bis auf den Schock, als ich erfuhr, dass sein Zuviel an Lebenseinsatz ihn vor kurzem fast das Leben gekostet hätte; und es ein Riesen-Glück und auch ein ziemliches Wunder ist, dass wir ihn heute - Gott sei Dank - so wohlbehalten vor uns sehen. Alles Übrige jedoch, so sagte Rudi Distler vorgestern lässig generös: Ach, alles Übrige steht ohnehin auf seiner Website.

Das geliebte Internet. So warf ich also den Computer an. Schrieb brav und folgsam "www.bernhard-springer.de" in das Adressenfeld. Kam auch erst einmal auf eine erfreulich nüchterne und professionell gestaltete Introseite mit der Sprachauswahl Deutsch und Englisch. Auch die Menü-Seite war erfrischend übersichtlich und thematisch dreigeteilt. Dann aber brach abrupt der Boden unter meinen Füßen weg. Und ich kam mir so vor wie ein verirrter Theseus, bei dem Ariadne vergessen hatte, ihm den Faden für das Labyrinth des Minotaurus mitzugeben. Kurz und gut: ich war erschlagen. Und falls jetzt auch Sie heut oder morgen oder übermorgen den perversen Kitzel spüren sollten, in diese - nun ja - labyrinthische Erfahrung einzutauchen, darf ich Ihnen wenigstens kurz schildern, wie sich Ihre Exkursion gestalten könnte:

Sie können da zum Beispiel umfangreiche, von einem gewissen Dr. Bernhard Springer (auch das noch!) mitverfasste Unterrichtsmaterialien und Lehrerhandreichungen zu Filmen wie "Der Untergang", "Napola" oder "Die Reise des jungen Che" herunterladen. Sie können sich durch eine üppig kommentierte Bibliographie zu einem runden Dutzend Film-Handbücher fressen, darunter so wunderbare Nachschlagewerke wie "Edle Wilde - Rote Teufel. Indianer im Film"; oder "Kannibale und Liebe" über das historische Vorbild von Norman Bates aus "Psycho" oder Hannibal "the Cannibal" Lecter im "Schweigen der Lämmer"; oder einen Interview-Band samt zugehörigem Film-Essay mit und über Heinz Rühmann; oder eine Studie über die Bilderarbeit in den frühen Filmen von Wim Wenders. Oder auch Herrn Dr. Bernhard Springers Dissertation über "Narrative und optische Strukturen im Bedeutungsaufbau des Spielfilms."

Sie können Bernhard sodann als Illustrator - zum Beispiel einiger Romane von Helmut Krausser - erleben. Sie können einigermaßen verblüfft erfahren, dass er in den späten Achtzigern Drehbücher für den "Disneyclub" und "Live aus dem Alabama" fabriziert hat. Dass er - um ein Haar - sogar an jener Fortsetzung der legendären Serie "Orion - Raumpatrouille" mitbeteiligt gewesen wäre; ein Projekt, das nur daran scheiterte, dass der vorgesehene Regisseur Roland Emmerich plötzlich in Hollywood Wichtigeres zu erledigen hatte. Das Springer weiterhin als Dramaturg, Scriptberater und/oder Produzent an Filmerfolgen wie "Vierzehn Tage lebenslänglich", "Nichts als die Wahrheit" oder "Suck my Dick" beteiligt war. Dass er bei dem Dokumentarfilm "Deutsch oder Polnisch" für Produktion und Regie verantwortlich zeichnet. Dass eine ganze Reihe von Fernseh-Dokumentationen auf sein Konto gehen. Und dass er - ach ja, beinah hätten wir's vergessen! - nebenher auch noch Bilder malt, dass er überdies aus wüsten Material-Collagen Voodoo-Skulpturen bastelt (deren Gestalten und Gesichter dann wieder in seine Bilder rutschen). Dass er Künstlergruppen wie "frisch gestrichen" und "Neue Heimat" sowie die Münchner "Galerie U5" mitinitiiert hat, dass er gemeinsam mit Künstlerfreunden gut zehn Jahre lang das "Fanzine", also das Fan-Magazin "plastic-indianer" herausgegeben hat. Dass er...

Oh Gott! Und irgendwann kommt dann der Punkt, wo man die Homepage "www.bernhard-springer.de" in einiger Verzweiflung wieder zuklappt und sich rundum verzweifelt fragt, wie man einem solchen Allround-Kreativen, einem solchen Spezialisten und zugleich doch Universalisten mit ein paar Vernissage-Sätzen auch nur irgendwie gerecht werden solle.

Bernhard Springer teilt diese Befürchtung übrigens auch selber. Denn ausgerechnet einen Selbstkommentar zu seiner malerischen Arbeit hat er, der so umfassend Eloquente, auf dieser seiner Homepage rigoros verweigert. Ganz im Gegenteil: Statt Kommentaren erhält man liebenswerte Randanmerkungen wie folgende: "Man soll einen Künstler nicht nach der Bedeutung seiner Bilder fragen. Worüber ein Künstler Auskunft geben kann, ist die Zusammensetzung der Farben oder die Beschaffenheit der Malgründe. Wenn ein Künstler was zur Bedeutung seiner Bilder zu sagen hätte, würde er nicht malen, sondern schreiben und vielleicht Essays über die Kunst verfassen. Schon die der Konvention folgende Titelgebung ist ein artfremder Akt." Und sozusagen als Motto dieser Überlegungen hat er an ihr Ende das berühmte Wittgenstein-Zitat gesetzt: "Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen."

Tja. Und jetzt, verehrte Damen und Herren, soll ich Ihnen also etwas über Bernhard Springer erzählen.

Und ehrlich gesagt: Am liebsten würde ich tatsächlich mit so elementaren Dingen wie der Zusammensetzung der Farben und der Beschaffenheit der Malgründe beginnen. Denn ich habe kaum je einen Künstler erlebt, der derart souverän und zugleich originell über das Material gebietet. Da traut sich einer, so ziemlich jede denkbare Technik der Farbbehandlung gleichzeitig einzusetzen: Knall-orangefarbene Grundierungen, die dann als Konturen zwischen grünen Farbflächen stehenbleiben. Gesprayte Graffiti- und sogar Air-brush-Effekte. Pastose Aufträge. Klassisch gestaltete malerische Flächen. Tachistische Spritzer. Pointilistische Konturen. Hingewischelte Strukturen. Und selbst so brutal verbotene Effekte wie den Einsatz von Metallicfarben. Und - es kommt nicht etwa ein enormer Verhau dabei heraus, sondern ein vollkommen runder, integrierter, individueller Stil.

Oder: Da benutzt einer neben der Leinwand auch noch Wellpappe als Malgrund. Aber eben nicht als eigenständige Struktur, als Aufbrechen des Bildkörpers. Sondern gleichsam als private Kinoleinwand. Als irrisierend malerische Projektionsfläche mit 3-D-Effekt. Da verwendet einer - wie Andy Warhol - Filmstills oder Pressefotos als Bildgrundlage. Aber er schafft damit weder künstlich übergroße Ikonen noch einen wie auch immer gearteten Reportagestil. Sondern suggestiv gespannte Farbereignisse und Komplementär-Kontraste.

Da baut einer seine aberwitzigen Voodoo-Fetisch-Masken mitten in vermeintlich realistische Alltagsszenen. Aber selbst sie sind kein Bruch; sondern nur irritierende, befreidende Erweiterungen eines gleichsam unbegrenzbar malerischen Expansionsprozesses.

Soweit also das, was sich in aller Kürze über Farben, Malprozesse und Malgründe dieses Oeuvres zusammentragen ließe. Aber selbst für diese eher nüchtern objektive Art des Zugangs hat Bernhard Springer auf seiner Website einen ganz besonderen Brüller auf Lager. Zitat: "Vielleicht kann man ihm (also dem Künstler) beim Arbeiten zuschauen wie Bob Ross bei "The Joy of Painting" oder einen Malkurs bei ihm belegen. Damit aber hat man nicht mehr als Anhaltspunkte, mit denen man beginnen könnte, sich den Bildern zu nähern, um sich auf die Suche nach deren Bedeutungen zu begeben."

Sieh da: Also doch Bedeutungen. Aber bitte: Welche? Nun ja, vielleicht kommen wir des Pudels Kern tatsächlich näher, wenn wir uns - trotz Springers Warnung auf die Bildtitel einlassen. Wenn wir uns - zum Beispiel - auf die Fährte der Überschrift zu dieser Schau "Translator X" begeben. Es handelt sich dabei um vier farbig umgestaltete Pressefotos, welche der Reihe nach Franz Josef Strauß und Michail Gorbatschow, Hans-Dietrich Genscher und Gorbatschow, und schließlich Helmut Kohl und Gromyko zeigen. Also alles wohlvertraute, längst historische Situationen aus der Umbruchszeit vor und nach 1989. Aber - was man angesichts der weltberühmten Politiker-Profile zunächst gar nicht wahrnimmt: Dass die jeweils zwei Berühmten bildästhetisch nur die Randfiguren bilden gegenüber einer immergleichen raumbeherrschenden Zentralgestalt: dem Dolmetscher. Weshalb ein viertes Bild der Reihe ihn gleichsam mit Teleobjektiv herausholt, ihn der Anonymität, dem Nichtdasein entreißt. Wenn auch nur eben anonym als den "Translator X".

Jetzt aber sind wir dem, was Bernhard Springer wirklich malt und meint, vielleicht doch eine Nuance näher. Es geht eben nicht um Warhol'sche Ikonen. Sondern es geht um Interaktionen. Um das, was zwischen den Figuren liegt. Um einen besetzten Leerraum. Es geht um die Übersetzung. Um die Transformation von einem Medium ins andere.

Nun - über den Maler Bernhard Springer reden, heißt zwangsläufig: zugleich über den Filmphilologen, über den Filmemacher und den Medienanalytiker reden. Was man seinen Bildern ja auch durchaus ansieht. Aber eben nicht als bloßer Bild-Inhalt. Sonst wäre etwa sein Doppelbildnis von Romy Schneider und Alain Delon tatsächlich nicht mehr als ein gemaltes Filmstill; eine Deko-Malerei, wie sie einst in den Sechzigern über den Kinopalästen prangte. Sondern als Transformation. Als kommunikatives und ästhetisches Ereignis, das sich schlussendlich als rein malerisches Ereignis äußert, nämlich als Interaktion von Violettrosa und Blaugrün über Schwarz. Wobei das eigentümlich Glamouröse, das dem Bild trotzdem anhaftet, weniger von den Figuren selbst ausgeht (obwohl selbstverständlich auch sie ihre Aura mittransportieren). Als vielmehr von dem aus tiefer Dunkelheit vorleuchtenden Neonglanz der Farben selber. Und von jenem Wellpappe-Grund, der Farben und Konturen in der dritten Dimension gleichsam zum Flirren und zum Tanzen bringt. Springer malt hier im Wortsinn Kino. Nicht, indem er Kinobilder abmalt. Auch nicht, indem er Kinogeschichten nacherzählt. Sondern indem er etwas schafft, was vor ihm noch nicht vielen Malern geglückt ist. Nämlich das Medium Film in seiner Bewegtheit, seiner flimmernden Addition von Einzelbildern, tatsächlich in das Medium der Malerei erlebbar umzusetzen.

Auch seine - na ja - erotischen Bilder sind deshalb gerade nicht, was man im Kino als "Sex-Szenen" bezeichnen würde. Sondern sind vor allem magisch-malerische Bewegungsstudien; leidenschaftliche Farb-Interaktionen. Wobei das unbestreitbar sinnliche Element allein aus der Eruptivgewalt der leuchtend übersteigerten Körperfarben selber herrührt.

Meine Damen und Herren - eine der frappierendsten Erfahrungen dieser Ausstellung bleibt es, wie Bernhard Springer seinen Malstil zwischen vermeintlichem Realismus - man denke an sein suggestives "Gaza"-Bild - und völliger Abstraktion, einem jazzartig rhythmisierten freien Lichtertanz oder einer Collage aus dem Bildraum ausgeschnitener Figuren scheinbar mühelos hin und her wechseln kann, ohne darüber die Contenance des Malens zu verlieren. Ganz im Gegenteil. All diese scheinbaren Brüche haben eher etwas von der inneren Motorik eines Videoclips. Sind sozusagen virtuos gemalte Popmusik. Wobei die scheinbar reportagehaften Elemente eher dem Staccato eines Rap als einer nüchternen Information entsprechen.

Haben wir hier echte Kunst des 21. Jahrhunderts vor uns? Eine, die sich nicht mehr aus den Realitäten, sondern aus den Medien selber speist? Die sich die Welt aus Medienbildern neu zusammenbaut? Die ihre Ästhetik nicht mehr der Natur, sondern dem Filmschnitt entlehnt; und ihre Rhythmik dem Rock? Ich hielte es für denkbar. Eines aber weiß ich: Dass nicht viele Künstler vergleichbar intensiv und interdisziplinär über den Wirkzusammenhang der Bilder in ihrer Zeit und medialen Umwelt reflektierten. Und zugleich ihr Handwerk vergleichbar souverän beherrschen. Deshalb aber, deshalb bin ich Bernhard-Springer-Fan.

Ich danke Ihnen.

(Klaus Jörg Schönmetzler, Kulturreferent d. Landkr. Rosenheim,
Eröffnungsrede Vernissage 23. März 2007,
Kunstverein Hohenaschau e.V. (Chiemgau), Bernhard Springer: Translator X)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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24.03. - 29.04.2007
TRANSLATOR X
Kunstverein KUNST UND KULTUR ZU HOHENASCHAU e.V.
Einzelausstellung

 

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